Fallbericht Dinesh

26. März 2023 | Allgemein, Projekte /

Wieder ein Fallbericht, der die Arbeit vor Ort sehr anschaulich zeigt.

Fallbericht von Dr. Tobias Vogt zu Dinesh A.:
(interner Mailverkehr zwischen Dr. Tobias Vogt und den Drs. Kölle, Der Name des Patienten wurde geändert)

Liebe Uta, lieber Dankwart,

ich berichte über ein Kind mit dem Namen Dinesh A., das sich in stationärer Behandlung des St. Thomas Homes befindet. Das Kind ist zweieinhalb Jahre alt und hat große Lymphknoten an der rechten Halsseite. Der größte Lymphknoten hat einen Durchmesser von drei Zentimetern. Das ist für den Hals eines so kleinen Kindes schon ziemlich groß. Die Knoten, die aussehen wie Walnüsse, tun dem Kind nicht weh. Es besteht auch kein Husten und kein Fieber. Allerdings ist der Junge nicht gut zurecht. Er ist sehr schweigsam und irritiert. Seine Mutter ist mit ihm im Krankenhaus. Der Junge spricht einzig mit seiner Mutter. Mit anderen, seien es Mitpatienten, Krankenschwestern oder Ärzte, spricht er nicht.

Mit einer feinen Nadel wurde eine winzige Gewebeprobe von dem Hals-Lymphknoten abgenommen und unter dem Mikroskop analysiert. Es handelt sich tatsächlich, wie vermutet, um Tuberkulose. Eine weitere winzige Probe wurde einer sehr modernen elektronischen Untersuchung unterzogen. Auch diese Untersuchung kam zu dem Ergebnis einer Tuberkulose. Der Junge hat daraufhin eine Tuberkulose-Behandlung mit vier Antibiotika gleichzeitig begonnen, die sechs Monate dauern wird.

Bei so großen Lymphknoten streben wir in der Regel eine Operation an, um den überwiegenden Teil des infizierten Gewebes herauszunehmen. Eine Operation ersetzt keine antibiotische Behandlung. Man kann Tuberkulose nicht wegoperieren. Es bleiben immer Bakterien im Körper, die mit der antibiotischen Behandlung abgetötet werden müssen, bevor sie einen Rückfall verursachen. Ich habe das Kind zu einer guten Kinderchirurgin geschickt. Sie rief mich an und sagte, sie wolle doch erst einmal beobachten, wie weit sich der größte Lymphknoten unter der antibiotischen Therapie verkleinert. Wir haben vereinbart, dass der Junge nach zwei Wochen noch einmal zu der Kinderchirurgin geht, die dann vielleicht abschätzen kann, ob man noch weiter auf einen Effekt der antibiotischen Therapie warten kann oder doch operieren sollte. Ich habe der Mutter angeboten, dass sie so lange nach Hause gehen kann und die Antibiotika zuhause verabreichen kann, und das hat sie auch gerne angenommen, denn sie hat noch mehr Kinder. Die antibiotische Behandlung in einem nahegelegenen staatlichen Center haben wir organisiert. Jetzt warten wir ab, was die Wiedervorstellung des Kindes bei der Kinderchirurgin bringt. Hoffentlich kommen die Leute auch wieder. Manchmal nehmen Patienten nicht alle Termine so wahr, wie Ärztinnen und Ärzte sich das wünschen.

Ich kann später berichten, wie es für das Kind weitergegangen ist.

Mit herzlichen Grüßen

Tobias

Der Bericht wurde von Dr. Tobias Vogt, stationärer Arzt der German Doctors im St. Thomas Home in Kalkutta an uns geschickt, 25.03.2023